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No hablo español

Ich spreche kein Spanisch!

Drei Wochen in Peru. Wo ist die Zeit schon wieder hin? Stellen wir uns mal der Frage: Könnte ich immer noch heulen, was die Sprache angeht? Die Antwort lautet: Ja! Ist es immer noch so schlimm wie am Anfang? Fast! Nein, das wäre gelogen – ich gewöhne mich langsam daran. Mehr dazu: Jetzt. Einmal die Zeit drei Wochen zurückdenken – und los geht’s!

Woche 1

Ich verstehe kein Wort. Wofür hatte ich überhaupt Spanischkurse belegt? Nun, man mag vielleicht behaupten die Kurse seien nicht ideal gewesen, aber tief, ganz tief im Inneren wusste ich: Ich hatte einfach zu wenig gelernt. Und das bereue ich jetzt. Sehr.

 

Englisch wird nicht gesprochen. Gut, wenn ich mein Englisch aufpolieren hätte wollen, hätte ich mir ein anderes Land aussuchen müssen. Dafür war ich ja nicht hier. Ich wollte ja auch Spanisch lernen und sprechen können! Nur… wie?

 

Im Büro sah man das soweit noch entspannt: „un poco, un poco.“ – „Stück für Stück.“

 

Nur klang alles was sie sagten, absolut unverständlich. Für E-Mails war stets der Übersetzer bereit. Ich legte auf Arbeit eine Excel Liste an, mit all den Wörtern, die mir hier unterkamen. Die wuchs sehr schnell, sehr rapide an – ich wusste gar nicht, wie ich hier nach Priorität filtern sollte! Wenn jemand zu mir sprach, starrte ich immer an der Person vorbei in die Luft, während ich hektisch versuchte im Kopf zu übersetzen. Nur konnte ich mir den Satz meistens nie so lange merken, bis ich ihn übersetzt hatte – dann fehlte da zumeist die Hälfte oder mehr. Nicht genug, um mir das aus dem Kontext erschließen zu können. Es war mir furchtbar unangenehm. Wenn man auf keinen Nenner kommt, gibt man manchmal auch einfach auf. Lächeln und Nicken. Wobei ein Kollege direkt zu mir meinte: Mach das nicht! Nach dem Motto: So lange kämpfen, bis man es hat. Und irgendwo hat er auch recht. Und ein anderer Kollege aus dem Verkauf meinte: „They [mein Team] should speak to you in spanish – not in english, like me right now.“ Womit er auch Recht hatte.

 

Ich war, obwohl ich noch nicht viel Arbeit zu erledigen hatte, nach Feierabend immer ziemlich erschöpft. Einfach, weil die fremde Sprache um mich herum klirrte und mein Gehirn wohl verzweifelt versuchte zu verstehen. Und die Sprache beschränkte sich ja nicht auf das Büro, sondern ging auf der Straße weiter. Im Supermarkt an der Kasse, Menschen die einen anquatschten (gut, das eher selten), im Restaurant – überall!

 

Ungeduldig wie ich nunmal bin, dachte ich mir: Das verstehe ich nie!

Woche 2

Sah nicht viel anders aus als in Woche 1. Eine Kollegin empfahl mir eine Lernapp, womit ich mittlerweile auf drei zurückgriff: Babbel, Quizlet und jetzt auch Duolingo. Meinen von der Firma gesponsorten Spanischkurs würde ich wohl nämlich erst erhalten, sobald die Sache mit dem Visa geklärt war. Konnte also noch dauern.

 

An zwei Tagen wäre ich sprachlich fast verzweifelt:

 

   1.       Die System-Schulung

 

Ich bekam ja eine Schulung für die Software – allerdings auf Spanisch, denn die Software ist auf Spanisch und die Schulung wurde eben von dem Hersteller durchgeführt. Nix mit Kollegen einarbeiten hier.

Am Anfang war noch alles gut, immerhin wurde mir die Sendungserfassung bereits gezeigt. Aber sobald es darüber hinausging – oh boy. Sie wusste, das ich nicht gut Spanisch sprach und hat sich sicherlich bemüht langsam und deutlich zu reden, aber teilweise verstand ich sie trotz aller Bemühungen überhaupt nicht! Kurz war ich tatsächlich den Tränen nahe, aber das Schieben wir mal schön auf die Sache, die wir Frauen nunmal einmal im Monat haben. Naja, irgendwann nahmen wir dann den Google Übersetzer zu Hilfe. Was blieb uns auch anderes übrig?

 

   2.        INTERPOL

 

Dazu hatte ich hier ja bereits geschrieben. Als wäre die Sache nicht schon verwirrend genug gewesen, wurden alle Anweisungen und Fragen nur auf Spanisch gestellt und ich stand ziemlich bedröppelt da. Glücklicherweise hatte ich dort ja Hilfe.

 

 

Meine Chefin ist in der Woche auch dazu übergegangen mich ab und an zu fragen: „Und, hast du uns verstanden?“ „Aber uns zwei verstehst du, wenn wir uns miteinander unterhalten, oder?“ Darauf folgte in der Regel nur ein zaghaftes Kopfschütteln meinerseits. Die Antwort „Ich habe extra langsam gesprochen!“ ist dann auch nicht sonderlich hilfreich. Das ist ja schön und gut, aber ich arbeitete derzeit mit der Geschwindigkeit des Internet Explorers in meinem Schädel. Ich komme einfach nicht hinterher!

 

Insbesondere im Gespräch stresst mich das. Ich ringe nach Worten, bringe Zeitformen, Satzbau und ganze Wörter durcheinander und bin schlichtweg nicht in der Lage, mich so auszudrücken, wie ich gerne möchte. Ja, ich weiß das braucht Zeit. Blargh. Das sagen die Leute auch. „Take your time.“ Versuche ich, aber… uff. Wenn mich da jemand erwartungsvoll ansieht und auf Antwort wartet, kann ich schon gar nicht mehr nachdenken. Ich weiß, unter Druck setzen macht es nicht besser, sondern schlimmer, aber kann mir jemand sagen, wie ich das abstellen soll?

 

 

Man fühlt sich jedenfalls teilweise ziemlich verloren, wenn man sich nicht verständigen kann. Und das habe ich verdammt unterschätzt.

Woche 3

Okay, passt auf. Ich bemerke eine Veränderung. Nein, damit will ich nicht sagen, ich bin an diesem Montag aufgewacht und habe plötzlich die Welt wieder verstanden. Wo kämen wir denn da hin? Hahaha. Oder wie man auf Spanisch sagen würde: Jajaja. Kurzgesagt: Ich verstehe immer noch nichts, aber folgendes:

 

  1.       Der Klang der Sprache wird langsam vertraut.

 

Habt ihr schonmal versucht random Lieder in einer Fremdsprache mitzusingen? Junge, gib mir einen französischen Text und ich spreche so ziemlich alles falsch aus, was geht. Was ich damit sagen will? Ich habe, sagen wir mal, den Hauch eines Gefühls für die Tonfarbe. Es ist – wenn sie nicht gerade noch schneller sprechen als sonst schon – nicht mehr alles unverständliches Kauderwelsch, sondern nur noch so 80% unverständliches Kauderwelsch. Manchmal klingt es sogar nach einem Satz. Mit richtigen Worten. Dann gelingt es mir zwar trotzdem nicht, den Sinn zu begreifen, aber ich bin schon glücklich, wenn ich vereinzelt Wörter heraushöre und verstehe. Noch keinen Kontext, aber es ist ein Anfang. Ein Funken Hoffnung.

 

Bis sie dann wieder extrem schnell sprechen und ich mit drei Fragezeichen im Gesicht dastehe.

 

        2.       Man schlägt sich irgendwie durch

 

An dem Wochenende war ich beim Friseur und da sah es mit der Kommunikation echt bitter aus. Aber es hat trotzdem funktioniert! Manchmal halt mit Händen und Füßen und ein bisschen mehr Raten als Wissen.

 

Ich habe außerdem akzeptiert, dass ich so schnell nicht alles verstehen werde. Manchmal funktioniert es, nur durch das Verständnis einiger weniger Wörter und dem Zusammenhang in dem man sich befindet zu erahnen, worum es geht und darauf zu reagieren. Bei der Arbeit geht das am besten, denn ich weiß ja was in meinem Job zu erledigen ist. Woanders? Da muss ich noch üben. Ich sagte ja: Manchmal.

 

Besonders schwierig ist es an Orten, an denen es per se laut ist. Am Mittagstisch zum Beispiel oder an der Kinokasse. Da ich Spanisch so schon nicht verstehe, ist es umso schwieriger, wenn man dann auch noch die Hälfte nicht hört – ist klar.

 

Und wenn im Büro gar nichts mehr geht - peinlich, aber wahr - Google Übersetzer. Gut, er kam immerhin erst mit drei Leuten zum Einsatz.

  • Einem Teamkameraden, der so schon wenig spricht und sich glaube ich daher auch nicht dreimal wiederholen wollte, als er mir was erklärt hat.
  • In der Buchhaltung an einem Freitagabend, als wir uns noch unterhalten wollten. Da hat es einfach an einigen Stellen manchmal gehapert. Leider.
  • Dem Personal/Adminmanager, der für mein Visum verantwortlich ist. Das übersteigt meinen Wortschatz einfach bei Weitem. (Aber uuuh, er hat dann das übersetzte Englisch vorgelesen und es klang ein wenig gruselig in meinen Ohren, I'm sorry!!)
  • und wie obens einmal erwähnt, bei der Systemschulung.

Das ist schon wirklich ein Notstrohhalm - weil auch oft Bullshit bei rauskommt. Am liebsten ist mir eigentlich, wenn die Leute sich einfach wiederholen, bis ich Zeit habe das zu kompensieren (oder verzweifelt dreinzuschauen). Im Büro geht das, auf der Straße eher weniger.

 

 

          3.       Wiederholung ist alles

 

Die Wörter, die sich mir am schnellsten eingeprägt habe, waren definitiv die im Softwaresystem der Arbeit. Dazu gehören dann auch die Fachbegriffe des Berufes. Wörter wie Absender, Lieferant, Empfänger, Reederei, Ankunftsavis und so weiter.

 

Außerdem gehen mir Sätze, die man einfach oft braucht, mittlerweile etwas leichter über die Lippen. „Kannst du…“, „Hast du…“, „Weißt du…“ zusammen mit „Ich spreche nur ein bisschen Spanisch.“. Die zwei häufigsten Phrasen sind definitiv „No entiendo.“ (ich verstehe nicht) und „Lo siento!“ (sorry!).

 

Man versteht mich zum Großteil auch, wenn ich falsche Grammatik anwende oder die Sätze sehr simpel halte. Dummerweise verstehe ich halt nur meistens die Antwort nicht. Ich freue mich jedenfalls über jede grobe gelungene Konversation – und wenn sie aus noch so vielen Stammeleien besteht.

 

Jetzt muss ich mir nur noch angewöhnen aus „Repetir, por favor!“ einen ganzen Satz zu machen, anstatt meinem Gesprächspartner mit einem Wort der Aufforderung anzubellen :‘D

 

Und hey: Heute habe ich bei der Essensbestellung zum Mitnehmen erfolgreich danach gefragt, ob sie mir das auch in die mitgebrachte Tupperbox füllen kann (Müllvermeidung und so) und sie hat mich verstanden und es gemacht – Hipp Hipp. Hurrah!

 

 

Soviel also zum Spanisch in den ersten drei Wochen. Es funktioniert alles immer irgendwie - die Frage ist halt nur auf welchem Weg. Alles was mir bleibt ist, mein Bestes zu geben.

 

 

Es sind die kleinen Schritte auf einem noch sehr, sehr langem Weg.

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