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Die Erde bebt!

Das war eine Sache, die mir zuvor gar nicht so bewusst war. Peru ist ein Erdbebenland. Bereits kurz nach meiner Ankunft fragte mich eine Kollegin, ob ich das Beben in der Nacht bemerkt hatte. Zu dem Zeitpunkt verneinte ich – mich reist so schnell nichts aus meinem hochheiligen Schlaf! Als ich sie im Gegenzug fragte, ob es hier häufig bebte, verneinte sie.

 

 

Aber nun, ca. drei Wochen später, bebte es erneut. Diesmal hat mich der Schlaf nicht weiter umklammern können. Als ich aufwachte, konnte ich erstmal nicht recht einordnen wo ich war und welches Jahrhundert wir gerade schrieben. Wie das halt so ist, wenn man mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen wird. Mein erster Gedanke war: Habe ich meinen Wecker verpasst? Dafür war es allerdings zu dunkel. Dann griff ich nach meinem Handy, welches mir verriet: 02:44 Uhr. Und die Erde erzitterte.

 

Ich kann das Gefühl überhaupt nicht wirklich einordnen! Gut, zum Großteil ist meine Verschlafenheit Schuld, dennoch – wie beschreibt man einen solchen Moment? Angst? Nein, das war es nicht. Ein mulmiges Gefühl vielleicht, weil mir so etwas noch nicht untergekommen war. Allerdings konnte ich nicht einfach wieder die Decke über den Kopf ziehen und weiterschlafen. Dafür war es auch zu laut. Also tapste ich schließlich, immer noch schlaftrunken, vor meine Zimmertür und schaute in den orange leuchtenden Himmel.

 

In Lima ist es nachts nie wirklich dunkel. Dennoch kam es mir in diesem Moment besonders hell vor. Sei es, weil ich gerade aus meinem Bett gekrochen war oder lag es an etwas anderem? Wie dem auch sei, erst als ich an der Türschwelle stand und über die Dächer blickte, wurde ich langsam wirklich wach. Die Erde bebte, ein schwaches Beben, welches dennoch die Leute aufrüttelte. Jedenfalls sah ich in einem Fenster nicht unweit entfernt eine weitere Silhouette stehen. Ist das also normal für Lima? Ich sah überhaupt nichts, hörte lediglich das Besteck in der Schublade klappern. Und dann war es vorbei, so plötzlich, wie es angefangen hatte.

 

Es schmerzt mich, dass ich Gefühl und Geräusch nicht anschaulicher beschreiben kann. Es wirkt selbst für mich seltsam fern, als wäre jemand anderes an meiner Stelle gewesen. Liegt das wirklich nur an der Schlaftrunkenheit oder will es einfach nur nicht in meinem Schädel rein? Manchmal begreife ich noch immer nicht, wo ich wirklich bin. Vielleicht liegt es daran. Wer weiß, wenn es noch einmal bebt, kann ich womöglich mehr dazu sagen – oder aber für immer schweigen. (Okay, das war jetzt unnötig dramatisch ausgedrückt).

 

Tatsächlich hatte ich am nächsten Morgen schon nicht mehr darüber nachgedacht. Allerdings schrieben mir eine Handvoll Leute deswegen – und fragten, ob alles gut sei. Demnach musste ich das Erdbeben unterschätzt haben, wenn es sogar in die Berichterstattung europäischer Medien gelangt.

 

 

Wie ich nun erfahren habe, ist das Beben auf Stufe 8,0 in Skala einzuordnen. Es fand im Norden Peru’s statt, im Urwald in der Region Loreto. Das ist über tausend Kilometer von Lima weg! Meine Vermieterin hat mir einige Bilder von Straßenschäden gezeigt, ich hänge sie unten an. Außerdem sagte sie „2 Minuten – das ist lang.“ Mir kam es noch viel länger vor, aber was weiß ich schon? Ich finde es nur beachtlich, dass ein Erdbeben dessen Kern so weit weg von hier stattfand, dennoch Auswirkungen bis nach Lima hatte. Ein schönes Beispiel von Ursache und Folgewirkung. Und für mich ein weiterer Beweis dafür, Dinge stets gesamtheitlich zu betrachten.

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