· 

Arbeit muss sein

… denn ich bin ja nicht zum Spaß hier! Leider. Aber das macht auch gar nichts, denn genau das ist ja auch ein Aspekt, den ich kennen lernen will. Jetzt arbeite ich hier schon seit drei Wochen und komme in der Hinsicht langsam zur Ruhe. Doch zurück zum Anfang!

Der erste Tag!

Wie schon einmal erwähnt, habe ich die Kollegen ja bereits am 30.04. abends kennen gelernt – zur Feier des Tags der Arbeit. Das hat es mir ermöglicht einen ersten Eindruck abseits vom Schreibtisch zu bekommen.

Die ersten beiden Tage hat mich meine Chefin jeweils morgens geholt und in die Arbeit gefahren. Ich war ziemlich nervös und konnte die ganzen Namen noch nicht zuordnen. Das würde wohl auch noch eine Weile dauern.

 

Die Mittagspause war an meinem ersten Tag auch eine besondere. Wir sind nämlich alle bereits um 12 Uhr losgefahren, was in Peru untypisch ist. Üblicherweise wird zwischen 13 und 14 Uhr Siesta gefeiert. Meine Chefin erzählte, sie wollte das Team schon zu Neujahr zum Essen einladen für die gute Arbeit, aber es ist sich nie ausgegangen. Ein Glück für mich!

 

Als ich die Karte mit den Preisen sah, musste ich schlucken. Das Problem hatte sich allerdings von selbst erledigt – es wurden zwei große Fleischplatten mit Salatschüsseln und Pommestellern serviert. Als Vorspeise bereits Brot mit verschiedenen Dips. Die Getränkeauswahl belief sich auf einen Maracuja Saft oder Chicha morada – ein beliebtes peruanisches Saftgetränk, welches auf Basis von Purpur-Mais hergestellt wird. Unter anderem kostete ich hier auch, ohne es vorher zu wissen, Niere und Herz. Und was soll ich sagen? Es war wirklich sehr gut! Nur auf die Blutwurst werde ich künftig verzichten…

 

2,5 Stunden Mittagspause am ersten Tag, so ging der jedenfalls gut herum. Das ist allerdings nicht die Norm, da braucht sich keiner Hoffnungen machen ;-) 

 

Arbeitstechnisch sah ich den Kollegen ein wenig über die Schulter und versuchte allem zu Folgen. 

 

 

Tag 1 war ich E-Mail technisch noch auf der Münchener Niederlassung angemeldet, das legte sich erst am zweiten Tag. In unserem Organisationsverzeichnis bin ich allerdings seither doppelt erfasst! (so special). Und seither ist mein System auch eine Mischung aus Deutsch, Englisch und Spanisch. Na, wer soll da noch den Überblick behalten?

Numero dos!

Also, rein offiziell bin ich im Seefracht Operations Team für Import angestellt. Bezeichnung: „Ocean Freight Specialist.“ – Tja, in Deutschland haben wir uns manchmal darüber amüsiert, wer sich alles Specialist nennen darf und jetzt gehöre ich auch zu der Sorte. So muss das!

 

Freitags saß ich allerdings im Customer Service, um ein wenig die Hintergründe zu verstehen. Die Kollegin dort ist sehr süß und hat mir das auch in ganz gutem Englisch erklärt. Meine Chefin wünschte sich noch die ein oder andere Excel Auswertung.

 

 

Eine kleine Überraschung gab es kurz vor Feierabend. Es gab nämlich Geburtstage zu feiern! Anscheinend trifft man sich da stets einmal im Monat und singt ein Ständchen für die Geburtstagskinder der vergangenen 30 Tage. Dabei gab es natürlich auch Torte (eine fette, sahnige Erdbeertorte!) und Inca Cola, eine beliebte Cola Sorte hier. Ich durfte übrigens auch in den Kreis der Erlesenen – und hatte es erst gar nicht verstanden, bis mir eine Kollegin einen kleinen (verbalen) Schubs gab. Daher gab es neben dem spanischen Lied auch die Happy-birthday-Variante! Deswegen hatten mich an dem Tag drei Leute gefragt, wann ich Geburtstag habe! 

Guter Start in die erste Woche?

Am Dienstag sollte ich eine Systemschulung bekommen. Diese war allerdings nur auf Spanisch verfügbar (ich wäre fast verzweifelt!). Um es mir leichter zu machen, wollte meine Chefin mir vorher schon einige Dinge erklären – das war dann circa von halbsechs abends bis halbacht oder acht Uhr. Zuvor kam stets etwas dazwischen du danach brummte mir ganz schön der Schädel.

 

Obwohl ich noch nicht sonderlich viel zu tun habe und die Aufgaben bisher nicht unbedingt herausfordernd sind, bin ich abends ganz schön müde. Aber ich habe ja auch mit einem anderen Problem zu kämpfen: Der Sprache.

 

Anders kann ich mir die Erschöpfung am Abend nicht erklären. Es sind ja dann doch ganz schön viele neue Eindrücke, auch wenn ich das nicht so zugeben will. Das bringt mich schon zum Knackpunkt:

Die Kommunikation

Ist schwierig. Anders lässt sich das nicht erklären. Es wird natürlich durchgehend auf Spanisch gesprochen und selbst wenn für mich langsam wiederholt wird, verstehe ich die Leute häufig nicht. Im Team kommen wir irgendwie klar. Es ist eine Mischung aus Spanisch und Englisch, je nachdem wie fragend ich gerade dreinblicke. Doch selbst mit Englisch als Schummelei kommen wir manchmal nicht auf einen Nenner. Dann erhalte ich zwar Antworten, aber meine Frage war eigentlich eine andere gewesen. Dann versucht man es wieder – oder manchmal lässt man es auch, wenn es nicht so wichtig ist. Es funktioniert durchaus – es braucht nur Zeit, Geduld und Wiederholungen. An den Gesprächen kann ich mich zumeist nicht beteiligen, aber sie versuchen mich dennoch hin und wieder miteinzubeziehen.

 

 

Das Englischlevel ist sehr durchwachsen – wie vermutlich überall. Doch während man in Deutschland davon ausgeht, dass doch jeder irgendwo ein bisschen Englisch spricht, ist das hier nicht der Fall. Viele wollen glaube ich auch nicht recht, wahrscheinlich aus Unsicherheit (und das meine Freunde, kann ich gut verstehen). Es gibt zwar auch Kollegen die sprechen sehr gut (zwei davon waren allerdings in USA tätig), während es andere gibt die kein einziges Wort sprechen. Anfangs hatte ich oft das Gefühl, die Leute wissen nicht recht, wie sie mit mir umgehen sollen. Ich frage mich schon manchmal, wie sie mich sehen? Oder ob ich sehr anecke? Im Großen und Ganzen funktioniert es aber – irgendwie geht immer!

Mittagspause

Mittags bin ich mir tatsächlich oft unsicher, wie ich mich verhalten soll. An den Gesprächen kann ich mich sprachtechnisch schlichtweg nicht beteiligen. Vorneweg: In dem Bürogebäude gibt es im obersten Stockwerk eine Kantine mit Dachterrasse. Wobei dieses Wort nicht ganz passend ist – man kann sich zwar Saft, Kaffee und Sandwiches kaufen, aber das war’s auch schon. Treffender wäre der Begriff Aufenthaltsraum, auf den alle Firmen Zugriff haben. Es gibt vier Mikrowellen, vor denen nicht selten eine Schlange entsteht, weil hier fast jeder sein Essen von zu Hause mitbringt. Da musste ich mich umgewöhnen – den Dreh mit dem Kochen habe ich noch nicht so ganz raus, aber noch bin ich nicht verhungert! Ein Fernseher läuft nebenbei.

 

 

Was ich toll finde – es gibt keine Gruppenbildung. Zumindest für mich ist noch keine erkennbar. Wenn schon Kollegen oben sind und andere nachkommen, werden einfach Tische zusammengerückt. Immer. 

Das Büro

Den Punkt muss ich jetzt einfach irgendwo einschieben. Ich weiß noch, dass mein erster Gedanke war „oh, ganz schön eng.“ Und ja das stimmt auch, aber – das macht nichts. Meistens zumindest.

 

Erstmal – das Büro ist ein wenig verwinkelt und es hat einen Tag gedauert, bis ich gecheckt habe, wo welche Gruppe sitzt. Die Führungsebene hat all die guten Plätze an der Fensterfront – verglaste (z.T. Milchglas) Einzelbüros. Das heißt vom Tageslicht kriegt das niedere Volk leider gar nichts ab. Seufz. Das vermisse ich. Umso mehr, weil es scheiße kalt ist. Draußen ist es auch zum Winterbeginn noch sehr angenehm, aber im Büro? Ich friere! Oft! Ich hätte mir wirklich mehr warme Sachen mitnehmen müssen, aber wer hätte das denn ahnen können, wenn einer nach Südamerika auswandert?

 

Jedenfalls, im größten Raum sitzen Seefracht, Customer Service und Verkauf – summa summarum ca. 15 Leute. Die Tische sind etwas kleiner und man sitzt enger beieinander. Wenn die Schranktür hinter mir offen ist, kommt man auch nicht durch. Da der Kollege neben mir noch Akten auf meinem Tisch hat (es ist eine lange Tischreihe), habe ich wirklich nicht viel Platz, aber noch brauche ich denn auch nicht. Nervig ist es nur, wenn man mit den Akten hantiert, weil die Papiere wiederum in Riesenumschläge gestopft werden. Ich mag die 6er Tischgruppe jedenfalls, weil es so auch physisch eine Gruppe ist.

 

 

Was mir auch aufgefallen ist: Es gibt mehr Toiletten und an der Rezeption ist ein Fernseher angebracht, auf dem Werbevideos von unserer LKW-Sparte laufen. Die nur in Europa vertreten sind. Während Peru nur Luft und Seefracht macht. Na, Marketing für LKW und Lager kann sicher trotzdem nicht schaden! 

Schon routiniert?

Am Mittwoch, den 08.05., bin ich zum ersten Mal normal aufgestanden. Soll heißen, ich habe den Wecker mehrmals auf Snooze gedrückt, bin zu knapp raus, habe mich morgens ein bisschen gehetzt und wäre am liebsten zurück ins Bett gekrochen. Jap, ganz wie zu Hause!

Und am Montag, der 14.05. hatte ich ein Gefühl von Gelassenheit nach der Arbeit, anstatt einer unsäglichen Müdigkeit. Vielleicht gewöhnte ich mich doch langsam an den Klang der Sprache, an die neuen Kollegen und das Arbeitsumfeld. Den Weg von meinem zu Hause uns Büro laufe ich mittlerweile blind.

 

Die Arbeitsabläufe sind mir noch nicht alle verständlich. Also klar – mit Spedition kenne ich mich aus, das habe ich gelernt. Aber wo liegen die Probleme und wer macht hier was? Nicht nur im Büro – sondern auch all die anderen Unternehmen, die mit einem Auftrag zusammenhängen. Ich bin der Hinsicht natürlich aus Prinzip ungeduldig. Fühle mich wieder wie damals als Azubi vor fast zehn Jahren, mit den häufig gestellten Fragen „kann ich was machen?“ „habt ihr was für mich?“. Mal mehr, mal weniger, mal spannender, mal… nicht so. Langsam komme ich jedenfalls rein. Das größte Hindernis ist auf jeden Fall die Sprache – da hilft nur eines: Jeden Tag lernen und das Beste draus machen.

 

Der Arbeitsvertrag kam übrigens letzte Woche - am 16.05. - und wurde bereits am Donnerstag Abend genehmigt. Von wem auch immer - Arbeitsamt glaube ich. Dass das mit dem Arbeitsvertrag dauern kann, hat mir eine Kollegin erzählt, die mal in Chile gearbeitet hat. Da kam der auch erst irgendwann, von dem her sind 2 Wochen doch schneller als erwartet.

Achja und Arbeitszeiten, damit wir das auch abgedeckelt haben hier: Von halb9 morgens bis halb6 abends in einer 40 Stunden Woche. Oder bei Bedarf eben mehr. So genau schaut hier keiner.

 

 

 

Fachsimpeln mache ich dann wann anders – ich freue mich schon darauf, die deutschen und peruanischen Abläufe gezielt miteinander zu vergleichen 😉 bis dahin!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0