Einer der beliebtesten Schauplätze in Peru befindet sich nördlich von Arequipa. Die Rede ist vom Cañon del Colca, dem Colca Tal. Jährlich strömen zahlreiche Touristen in diese Gegend, doch wie sieht es hierzu eigentlich in der Regenzeit aus?
Meine Spanischlehrerin, aufgewachsen in Arequipa, fand die Idee ganz hervorragend, dem Canyon im Februar einen Besuch abzustatten. Dann erstrahlt das Tal nämlich in einem satten, herrlichen Grün und das Klima ist deutlich angenehmer. Dennoch blieb ich skeptisch, da auch Erdrutsche und Nebel an der Tagesordnung stehen.
Wie ließ sich der Ausflug ins Tal also am Besten gestalten? Ich fragte nach Erfahrungswerten anderer Reisender, um eine Entscheidung zu treffen. Nach meiner letzten, anstrengenden Wanderung zur Laguna69 in Huaraz war ich außerdem unsicher, ob ich mir eine Mehrtageswanderung denn zutrauen konnte.
Im Gegensatz zur besagten Lagune, befindet sich der höchste Punkt der Wanderung im Colca Canyon mit 3800 m rund 1000 Höhenmeter tiefer als in der Region von Huaraz. Schonmal nicht schlecht. Und zugegeben: Auf eine reine Bustour, in der man mehr sitzt als sieht, hatte ich ehrlich gesagt nur wenig Lust.
In Arequipa ist es bei der Angebotsvielfalt ein Leichtes, an eine Tour zu gelangen. Beide in meinem Reiseführer empfohlenen Unternehmen erteilten mir allerdings eine Absage. Carlitostours arrangiert nur Individualtouren für Kleingruppen (2-6), da war wenig Bedarf für eine Soloreisende. Colonialtours bietet in der Regenzeit aus Sicherheitsgründen keine Wanderungen an. Na, wenn da einem nicht mulmig zu Mute wird.
Nach den Empfehlungen einiger Reisender aus meinem Hostel, habe ich es dann auch über das Arequipay gebucht. Der Preis für 3 Tage lag bei 150 S/., was den normalen Durchschnitt darstellt. Üblich bei den Agenturen ist übrigens, dass die letzte Mahlzeit sowie der Eintritt in das Gebiet (70 S/.) ausgeklammert wird - das kommt dann noch on Top.
Die Mehrheit der Besucher entscheidet sich übrigens aus Zeitgründen für ein 2-Tages-Trekking. Ich, als faule Pantoffel, habe noch einen Tag drangehängt – die Strecke ist nämlich dieselbe! Darüber war ich – aus mehreren Gründen – überaus froh :-)
Tag 1
Los ging es am ersten Tag dann morgens um 3:00 Uhr mit Abholung im Hostel. Nachdem unser Guide sich vorgestellt hatte, sammelte er die Eintrittsgelder ein. Ich winkte probehalber mit meinem Visum – mit etwas Glück bekäme ich nur den nationalen Tarif in Rechnung gestellt. Das zahlte sich aus! Kurz darauf schlief ich auch schon wieder wie ein Murmeltier und gegen halb7 kamen wir dann in Chivay an. Dort gab es erstmal ein kräftiges Frühstück und ich ließ meinen großen Rucksack hier zurück – in der Hoffnung ihn mit vollem Inhalt in zwei Tagen wieder abholen zu können.
Danach ging es erstmal noch eine Weile per Bus weiter. Am Cruz del Condor war eine ¾ Stunde eingeplant gewesen. Dabei handelt es sich um den Aussichtspunkt schlechthin, um den majestätischen Nationalvogel Peru's zu besichtigen. (Fun Fact: Die Organisation Autocolca wirft 1-2 x im Monat totes Tier an dieser Stelle herab, damit die Kondore für Touristen auch gerne weiterhin hier in der Gegend bleiben).
Wir verkürzten unseren Aufenthalt übrigens um die Hälfte. Warum? Grüße gehen raus an die Regenzeit – wir sahen nichts. Vor uns lag nichts weiter als eine dicke, undurchdringbare Nebelwand. Keine Kondore für uns!
Na, kannst du einen Kondor ausmachen?
In der Regenzeit ist eine Sicht auf Kondore sowieso schwieriger, wenngleich ich einige Reisende traf, die welche zu Gesicht bekommen haben. Die meisten dieser Vögel mögen den Regen nämlich ebenso wenig und fliegen in dieser Zeit daher an die Pazifikküste – zumal dort bei Seelöwen und weiteren Tieren gerade Babyzeit ist und so eine Plazenta ein schmackhaftes Essen darstellt.
In Cabanaconde angekommen, teilte sich die große Gruppe dann schließlich in die 2 und 3-Tages Wanderer. Wir warteten noch auf 2 weitere einer anderen Agentur und waren schlussendlich 8 Leute. Der Bambusstecken für 3 S/. stellte sich übrigens als beste Investition seit Langem heraus.
Es war schon fast 10 Uhr, als wir dann schließlich losmarschierten. Am Anfang erklärte unser Guide uns einiges zur Gegend, unser Ticket wurde kontrolliert und daraufhin bildete er das Schlusslicht, sodass jeder voraus in seinem eigenen Tempo gehen konnte.
Wenn ich mich zwischen bergauf und bergab entscheiden muss, gehe ich übrigens lieber aufwärts! Am ersten Tag jedoch ging es nur nach unten. Von 3400 m auf ca. 2200 m Schritt um Schritt. Schnell leistete uns noch jemand Gesellschaft: Der Regen selbst nämlich! Trotz Regenponcho war ich am Ende pitschnass, wobei der Regen nicht der einzige Grund dafür war.
Bei dem Anblick lässt es sich auch bei Regen wandern...!
Nach guten 3 Stunden und 7 km erreichten wir schließlich unsere erste Unterkunft in San Jan de Chucchu. War ich erleichtert, heute keinen unnötigen Schritt mehr machen zu müssen! Die 2-Tages-Trekker stärkten sich hier lediglich zum Mittagessen, ehe es nochmal 4 Stunden weiterging. Darüber musste ich mir jedoch erst morgen Gedanken machen.
In der Unterkunft gab es weder Strom noch warmes Wasser. Mir war bereits durch die Nässe mehr als kalt, daher kein Wunder, dass ich selten so schnell geduscht hatte. Danach hieß es sich aufwärmen unter der Bettdecke in trockenen Klamotten. Und vielleicht ein wenig Schlaf nachholen ;-) Die Zeit am späten Nachmittag vertrieben wir uns mit Kartenspielen bei Kerzenschein, Liedern und Erzählungen. So ohne Internet und Strom wächst man als Gruppe ganz anders zusammen und ich empfand das als ein super schönes Erlebnis, die mir bei einer reinen Bustour verwehrt geblieben wäre.
Dusche, Hütte und Essen bei Kerzenschein
Wir überlegten am nächsten Tag einen kleinen Umweg über Tapay zu machen (gegen Aufpreis). Unser Guide hatte uns dies am Morgen als Idee vorgeschlagen, am selben Abend jedoch wieder davon abgeraten – bei dem Wetter würde das nur wenig Sinn machen, da wir keine Aussicht zu Gesicht bekommen würden. Während der Regen am Vormittag sanft vor sich hinprasselte, war er am Abend unfassbar stark und wir konnten nur hoffen, dass die anderen Gruppen es rechtzeitig in ihre Unterkunft geschafft hatten. Ein Glück war mir diese Hetze verschont geblieben!
Tag 2
Der nächste Tag erwartete uns jedoch überaus trockener. Es ging ein bisschen bergauf, ein bisschen bergab, aber überwiegend schlängelte sich der Weg flach im Tal entlang. Morgens noch warm eingepackt, entledigte ich mich meiner Schichten spätestens als die Sonne rauskam! Los gestartet sind wir übrigens erst um halb10 – später als gedacht, doch der Einzige der gefehlt hatte, war unser Guide selbst gewesen ;-) 6,5 km ging es ungefähr 3-4 Stunden lang, ehe wir in Oasis ankamen. Der Name wurde von Touristen gegeben und hat den eigentlichen Namen – Sangalle – irgendwann vertrieben. Grund sind wohl die vielen Pools, die jede Unterkunft zu bieten hatte. (Diesmal sogar mit Strom!)
Hier begegneten wir am späteren Nachmittag auch den 2-Tages-Trekkern, die sich dann auch früh zurückzogen – kein Wunder hatten sie doch eine weitaus längere Strecke hinter sich bringen müssen, als wir. Durch dieses Mehr an Zeit konnten wir jedoch nicht nur entspannt wandern gehen, sondern diese auch nutzen um die Erlebnisse zu verarbeiten, Bilder als Erinnerungen abzuspeichern und uns als Gruppe besser kennen zu lernen.
Tag 3
Am letzten Tag stellten wir uns schließlich dem Härtetest! Wir trafen uns morgens um 04:40 Uhr – Stirnlampen bereit! (Oder, in meinem Fall dank Batterieschwäche, eher nicht). Die ersten 45 Minuten gingen wir zusammen, danach jeder in seinem Tempo. Nicht nur die frühe Stunde machte uns zu schaffen (obwohl selbst ich als Morgenmuffel kein Problem damit hatte), sondern auch der Aufstieg. Die Höhenmeter, die wir am ersten Tag verloren hatten, mussten wir heute immerhin wieder zurück gewinnen!
Das Schöne an einer Wanderung im Colca Canyon ist: Wer es nicht schafft oder unterwegs merkt, er schafft den Aufstieg nicht, kann auf einen Maulesel zurückgreifen. Drei aus unserer Gruppe haben – aus Krankheitsgründen – darauf zurückgegriffen.
Wer übrigens einen schönen Sonnenaufgang erwartet, dem kann ich die Illusion nehmen. Die Neblina der Anden macht sich am Morgen üblicherweise breit – dadurch enthält das Tal jedoch einen fantastisch mystischen Anblick. Relativ genau 3 Stunden habe ich gebraucht, um dreiviertel acht war ich an der Spitze – als Letzte der Gruppe, wie immer ;-) - angekommen. Geschafft! Ich war wahnsinnig stolz auf mich, dass der Aufstieg so gut geklappt hat. Anstrengend, ja, aber kein Vergleich zum unvorbereiteten Horrortrip der Lagune69.
Danach ging es noch eine halbe Stunde flachen Weges, bis wir uns in Cabanaconde ein wohlverdientes Frühstück gönnen konnten. (und vielleicht etwas von den anderen Gruppen geklaut haben, die schon gegangen sind. Ich hätte nie erwartet, dass ich mal etwas von anderen Tellern stibitzen würde! Mir ist es ein Rätsel, dass es Leute geben kann, die keinen großen Hunger nach so einem Aufstieg ohne Frühstück verspürten!)
Danach ging es mit dem Bus zurück nach Chivay. Wir fuhren wieder am Cruz del Condor vorbei, der erneut in dichten Nebel getaucht war, ehe sich später die Sonne durch kämpfte und uns einen Ausblick bescherte, bei dem ich den Tränen nah war. Am Mirador Maca machten wir noch eine kurze Pause um das Panorama zu genießen.
Der Colca Canyon ist wirklich ein fantastisches Schauspiel der Natur. Ich bin froh – und stolz! - die Wanderung gemacht zu haben, der mir einen solch tiefen Einblick beschert hat. Der Vorteil in der Regenzeit: saftiges Grün und angenehmeres Klima zum Wandern. In der Trockenzeit – trotz Winter – brennt die Sonne herab. Der Nachteil: Gegebenenfalls ist der Nebel so stark, dass man nichts sieht. Der Regen fällt zwar in der Regel auf den Nachmittag, doch es kann einen auch – wie uns – an einen Vormittag erwischen. Gute Vorbereitung ist wie immer alles!
Zur Vorbereitung gilt außerdem: Snacks einpacken! Snacks und Wasser lassen sich zwar kaufen, sind im Tal jedoch unglaublich teuer (doppelte bis dreifache des normalen Preises). Insbesondere am letzten Tag, wenn man ohne Frühstück startet, war ich froh, etwas dabei zu haben. Die Mahlzeiten sind zwar inklusive, jedoch hätte es davon auch ruhig vollere Teller geben können ;-)
So oder so, der Colca Canyon ist ein wunderschönes Gebiet und definitiv eines meiner Highlights in Peru bisher!
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